Premieren 2025
UNTER DEN STERNEN
„Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir“. (Immanuel Kant)
Vor mehr als 200 Jahren beendete Immanuel Kant seine Kritik der praktischen Vernunft mit der berühmten Bemerkung über den Anblick des Nachthimmels. Dieser Sternenhimmel in seiner Unendlichkeit zeigt uns die Schönheit des Unbekannten (Andersseins), des Fremden, des Ungewohnten, des Ungeheueren und ist ein Plädoyer für die Vielfalt, für die unzähligen Formen des Lebens, die uns umgeben und uns bereichern.
Beim Blick in den Sternenhimmel erfahren wir zugleich die Größe und die Kleinheit unseres Erdendaseins. „Das Gefühl der erhabenen Unendlichkeit des Himmels, das uns zu kleinen Menschlein macht wird konterkariert durch einzigartige Fähigkeit des Menschen, moralisch handeln zu können. Und das heißt nach Kant überhaupt frei handeln zu können. Genau in dieser Fähigkeit ist auch die Würde des Menschen verborgen. Eine Würde, die einem nicht einfach nur zugehört, sondern die erworben werden muss“. Frank Hertweck
Unser Programm 2025 widmet sich diesem Spannungsbogen. Ausgehend von der archaischen Situation in Miroslava Svolikovas „Gi3F (Gott ist drei Frauen)“, in der drei Göttinnen auf eine Welt schauen, von der sie nicht wissen, ob ihr Ende bereits gekommen ist, über Philip Jenkins „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit – vom Kuchen ein TheaterStück“ nach Marcel Proust, der Beschreibung einer gesamten Epoche und ihrer Gesellschaft und vor allem der Zeit – der viel vergangenen, vertanen, verlorenen Zeit, zu Elias Hirschels „Content“ in dem Menschen verzweifelt versuchen Inhalte zu produzieren, während tief im Keller bereits die Künstliche Intelligenz wuchert.
Vom skurrilen Leben des Paares Cindy und Bert und ihrem durchaus humorvollen Kampf gegen das Unglück in Anton Fischers „Und weiter nichts“, über Miriam Leschs Stück „Wald“, wo Bäume die Menschen aus ihren urbanen Zentren verdrängen müssen, weil es ihnen im globalen Süden zu heiß geworden ist, bis hin zu Nick Hornbys liebevollem Blick auf den Alltag, den privaten Himmel, den Kosmos des trauten Heims mit den durchaus lösbaren Problemen der Menschenpaare in „Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst“.
Die Sterne sind unzählbar, vielfältig, ungreifbar – und doch sind sie für uns alle da, ganz egal ob wir sie aus der Wüste Afrikas, den Bergen der Alpen, den Weiten der asiatischen Steppen, den eisigen Gefilden des Nordens oder den Straßen einer pulsierenden Metropole aus betrachten. Wir reflektieren alle auf den gleichen Sternenhimmel, interpretieren diesen aber aus subjektiven Bedürfnissen und Wünschen heraus…
Vereint unter den Sternen. Über uns die Sterne, in uns die Geschichten.
„Und weiter nichts“ | Uraufführung
von Anton Fischer
Kosmodrom Produktion | Siegerstück Springenschmidpreis 2024
Premiere 7. Februar 2025
Im Stück „Und weiter nichts“ wird das Leben des skurrilen Paars Cindy und Bert beleuchtet, welches sich im ständigen Kampf mit dem Unglücklichsein befindet. Auf humorvolle Art und Weise und mit viel Sprachwitz versehen, werden Themen wie Konsumverdruss und die damit verbundene größer werdende Taubheit, die Flucht vor der Leere bis hin zur Teilnahmslosigkeit und die große Frage nach dem Warum aufgegriffen.
Dabei stellt das Stück die erschreckende Normalität unseres Konsumverhaltens in den Mittelpunkt. Es zeigt, wie ein stetiges „Immer mehr“ uns in eine Art Taubheit treibt. Wir spüren nichts mehr – weder Hunger noch Zufriedenheit, geschweige denn Glück. Nach dem Motto: Egal, wie viel du frisst, du wirst nicht satt. Das Stück zeichnet eine Entfremdung von uns selbst nach, während wir die ganze Zeit nur um uns selbst kreisen. Erst definieren wir uns als Beschäftigte oder Angestellte, dann als Selbstständige, bis schließlich alles egal wird – und wir zu Nicht-Beschäftigten werden. Wir hören auf, teilzunehmen. Aber was bleibt dann?
Das Leben ist nun mal kein (Strand-)Spaziergang. Oder vielleicht doch?
REGIE Marika Damitu Rockstroh | AUSSTATTUNG Susanne Hoffmann
mit Sarah Schuchardt, Ben Gageik, Anna Vieira Auer, Jens Lamprecht;
Gi3F (Gott ist 3 Frauen)
von Miroslava Svolikova
KOSMOS Koproduktion mit UNPOP
Premiere 27. Februar 2025
Drei Frauen sind Gott, sie schauen auf eine Welt, von der sie nicht wissen, ob ihr Ende bereits gekommen ist. Da tritt die Erde selbst auf, erzählt von den Menschen auf ihr, davon, dass sie diese Menschen ganz gerne mag. Allerdings verlassen diese sie, in kleinen Kapseln fallen sie von ihr ab, nachdem sie den Planeten weitgehend zerstört haben. In 3,5 Milliarden Jahren wird sie vergehen, vermutet die Erde, nein, sie hat sich getäuscht: in 3,5 Stunden. Oder nein, in 40 Minuten. In 40 Minuten wird sie untergehen! Ob sich noch jemand etwas wünscht, fragt die Erde. Die Göttinnen wissen: Sobald sie ihre Erzählung über die Erde beginnen, hat auch deren Existenz begonnen. Eine soll den Anfang der Welt erzählen, die andere das Ende der Welt, die dritte das Dazwischen. Sie erzählen, damit etwas ist und damit etwas gewesen sein wird. Da tritt Jens auf, der letzte Mensch. Sein Monolog (»ich mach es kurz, ich mach nur die wichtigsten Eckdaten«) ist ein „Parforceritt durch die Menschheitsgeschichte, durch die Mythologie, ein Füllhorn an Räubergeschichten und Kriegsschauplätzen. Jens wird zum Anführer einer neuen Bewegung und die Göttinnen beschließen, den Menschen und die Welt neu zu erfinden.
REGIE Stephan Kasimir | AUSSTATTUNG Caro Stark
mit Barbara Novotny, Barbara Bauer, Sabine Lorenz, Claudia Seigmann, Christian Streit;
Auf der Suche nach der verlorenen Zeit – vom Kuchen ein TheaterStück
von Philip Jenkins | Uraufführung
Premiere 08. Mai 2025
Mit dem Biss in ein Backwerk beginnt die umfangreichste, detaillierteste und einflussreichste Erinnerungs-Reise in der Literatur des 20. Jahrhunderts. Marcels Prousts Roman-Zyklus „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ beschreibt auf über 5000 Seiten eine gesamte Epoche und ihre Gesellschaft, die Natur, die Literatur, das Schauspiel und vor allem die Zeit – viel vergangene, vertane, verlorene Zeit. Ein geschmäcklerisches Dekadenz-Produkt? Mitnichten. Vielmehr eine Geschichte von Ausdruck, Austausch und von schöpferischer Ausdauer, die im Überfluss immer den richtigen Ort zur richtigen Zeit findet. Ein Werk, das so viel Leben und Welt vorstellbar macht, dass sich Menschen auf der ganzen Welt ihr Leben ohne es nicht vorstellen können. Bestes Bühnenmaterial. Ein Kosmos für das KOSMOS. Drei Textakrobaten hangeln sich durch Marcels schalldichte Erinnerungs-Schreibstube, und immer, wenn es grade am gemütlichsten ist, kommt eine Zeitgenossin rein und verhilft der Gegenwart zu ihrem Recht.
Ach, die Gegenwart! So mancher möchte ihr zurzeit gerne entfliehen und wem die Zukunft keine rosigen Hoffnungen parat hält, bleibt nur der rettende Sprung in das Verflossene. Warum nicht? Vergangenheit ja – Nostalgie nein. Und ein bisschen Gegenwart kann man schon aushalten. Zumal wenn kundige Mitbürgerinnen und Mitbürger sich auf der Bühne ihr Anwesenheitsrecht erkämpfen. Gegenwart für alle! Aber das Schauspiel kommt auch nicht zu kurz. Hubert Dragaschnig und Sabine Lorenz fügen ihrer KOSMOS-Bühnen-Ehe ein weiteres Kapitel hinzu und bilden mit dem magischen George Nussbaumer das magische Dreieck Swann – Odette – Marcel. Wer möchte da nicht Mäuschen spielen? Kein Problem: ab 8. Mai im Theater KOSMOS. Und für alle Proust-Kenner: Gebäck kommt auch vor.
REGIE Philip Jenkins
mit Hubert Dragaschnig, Sabine Lorenz, George Nussbaumer, Bürger:innen
Content
von Elias Hirschl | Uraufführung
Eine Koproduktion mit dem Schauspielhaus Wien
Premiere 18. September 2025
Mit einer Mischung aus Humor und Gleichgültigkeit gehen die Mitarbeitenden von Smile Smile Inc. ihrer Lohnarbeit nach. Sinn egal. Sie müssen Inhalte in schieren Mengen herstellen. Content eben. Marta, Karin und Kolleg:innen drehen Filmclips und texten Listen, die genauso hohl sind wie die Böden unter ihren Füßen im ehemaligen Kohleabbaugebiet. Und während die wilden Streiks der Lieferdienste in den Straßen toben, fällt der erste Vogel aus dem giftigen Himmel. Tief im Keller wuchert Künstliche Intelligenz, und eine digitale Doppelgängerin übernimmt die Accounts. Satirisch schaut Elias Hirschl in eine allzu nahe Zukunft und auf ihr kaputtes soziales Netz. Zugleich kreiert er darin Figuren, die füreinander da sein wollen und lieben können – trotz allem.
Wald
von Miriam V. Lesch
im Rahmen des KOSMODROM
Premiere Oktober 2025
„Es ist wie bei jeder tragischen Liebesgeschichte. Wir brauchen die Pflanzen, aber sie brauchen uns nicht.“ (Verlag Hartmann&Stauffacher)
Auf A.´s Balkon ist über Nacht ein Baum gewachsen. Kein kleines Pflänzchen, ein richtiger Baum. Nervige Sache, denn A. hat eigentlich anderes zu tun. Leider ist die städtische Gärtnerei für Balkone nicht zuständig und das Forstamt hat keine Zeit. Nach und nach bemerkt man: Überall in der Stadt, nein, in ganz Mitteleuropa tauchen plötzlich ausgewachsene Bäume auf, mitten in urbanen Zentren: Nun bahnen sich Baumwurzeln, unterirdische Myzel-Verbindungen und Kleinstlebewesen einen Weg durch den Unterbau der Stadt; dagegen haben Glasfaser und Co. nicht den Hauch einer Chance. Nationaldenkmäler wie der Eiffelturm sind bald überwuchert – die Rückeroberung Europas durch den Wald beginnt. Die Menschen müssen weichen, und so bleibt nur radikale Anpassung an die Natur oder die Flucht in den globalen Süden, wo es für die Bäume zu heiß ist, denn: „Für eine einzige Spezies braucht ihr viel zu viel Platz.“
Leschs Gespür für absurde Situationen, in denen Bambi, Cäsar und der römische Chronist Plinius selbstverständlich nebeneinander auftreten, sorgt dafür, dass das Stück mit feinem Humor ganz aktuelle Fragen wie Klimakatastrophe, Flucht oder Wohnen in der Stadt behandelt. Sprachlich webt die Autorin mühelos sehr poetische Passagen, in denen sie den Wald selbst als Bäume, Pilze, Käfer sprechen lässt, in das Geschehen.
REGIE Florian von Hoermann | CO-REGIE Michaela Vogel
KEINER HAT GESAGT, DASS DU AUSZIEHEN SOLLST
von Nick Hornby
Premiere 27. November 2025
Eine Ehekrise in zehn Sitzungen.
Tom und Louise machen eine Paartherapie, denn nach vielen Ehejahren ist ihre Beziehung mehr oder weniger in eine Sackgasse geraten. Was die beiden umtreibt und wo der Hase im Pfeffer liegt, erzählen sie sich und damit auch uns ganz direkt – beim Warten auf die nächste Therapiesitzung im Pub gegenüber. Tom und Louise treffen sich. Regelmäßig. Doch es ist keine Verabredung im herkömmlichen Sinne, der Pub dient ihnen nur als Treffpunkt vor ihren Sitzungen bei einer Paartherapeutin. Die beiden sind seit vielen Jahren verheiratet, nach einem nicht so erfreulichen Ereignis könnte man sagen, seit zu vielen Jahren. Im Pub besprechen sie, was alles unter den Teppich gekehrt wurde und durch die Therapie hervorgekramt wird. Und das sind Sachen, die die meisten Paare so oder so ähnlich kennen, aber bestimmt nie so lustig präsentiert bekamen. Mit seinem unvergleichlichen britischen Humor und dem Blick für sympathische Antihelden zeigt uns Nick Hornby ein ganz normales Ehepaar und die komischen Seiten einer Ehekrise.
REGIE Augustin Jagg